Nach unerwarteter Zitterparty feiern Genossen spätnachts den Schätzl-Einzug in den Bundestag
PNP Martin Riedlaicher 28.09.2021
Gratulant MdL Christian Flisek (r.) zeigte Johannes Schätzl bei der Feier in der Sonntagnacht im Falkner-Saal in Hauzenberg schon mal den Weg nach Berlin. −Foto: Riedlaicher
Hauzenberg. In der Sonntagnacht ließ sich im Saal des Gasthauses Falkner in Hauzenberg ein in letzter Zeit seltenes Ereignis erleben. SPD-Vertreter aus der Region hatten nach einer Wahl was zu feiern. Das taten die Genossen denn auch ausgiebig. In die Dramaturgie passte, dass spät in der Nacht die Nachricht kam, dass es mit dem Einzug von Johannes Schätzl in den Bundestag geklappt hat. Evi Oberneder, Fraktionssprecherin im Stadtrat, hatte sich schon Tage zuvor auf diesen Abend und die Feier gefreut, auf Basis der Umfragen. Endlich konnte man auf ein Ergebnis hoffen, dass die Genossen in der Region und bayernweit nicht in ein noch tieferes Tal der Tränen stürzt als bei den vorigen Wahlen. Evi Oberneder: "Bei den letzten Malen habe ich oft schon vorher gedacht: Oh, oh, oh, wie wird’s uns diesmal wieder reinhauen." Ganz anders am Sonntag. Dank des Scholz-Wunders war ein Sieg für die "Roten" in Sicht. Und so kam es. Banner an der Wand: "Wir fahren nach Berlin" "Webmaster" Johannes Seiser projiziert ab 18 Uhr per Beamer die Prognosen und Hochrechnungen auf die Leinwand im Saal. Tatsächlich ist die SPD knapp vorn. Der Vorsprung wird größer von Hochrechnung zu Hochrechnung. Es reicht für Platz 1 bundesweit. Die Genossen prosten sich entspannt zu. Aber da ist ja noch der geplante Einzug von Lokalmatador Johannes Schätzl in den Bundestag. Die Hauzenberger Sozialdemokraten haben schon ein Banner vorbereitet mit dem Schriftzug: "Berlin, Berlin. Wir fahren nach Berlin". Der Einzug auf dem "sicheren" Listenplatz 17 scheint keine Frage zu sein. Aber die Meldungen von Wahlkampfleiter Andreas Anetzberger aus der Wahlparty in der Neuburg streuen Sand ins Feiergetriebe. "Vorsicht, es ist noch nicht sicher, dass es klappt", berichtet er – und gibt als Losung aus: "Es sieht gut aus, aber wir müssen noch ein paar Faktoren abwarten." "Wir müssen zittern", bestätigt Schätzl selbst gegen 19.30 Uhr. Ursprünglich wollte er mit seinen Getreuen gegen 20 Uhr von Neuburg aus zur Party anreisen. Aber jetzt könnte es nach 22 Uhr werden, heißt es. Kurz nach acht Uhr Abends kommt eine neue Meldung. Schätzl fährt jetzt doch schon los. Bis zur Klarheit über den Einzug könne es nach Mitternacht werden. Weiter auf der Neuburg zu hocken, bringe da nichts. Politprofis vor Ort in Hauzenberg suchen nach Erklärungen. Der Schätzl-Einzug hängt offenbar von manchen Wirrungen des Bundeswahlrechts ab. Die Rede ist von Direktmandaten in den großen Städten sowie von Überhangmandaten. Derweil ist Landtagsabgeordneter Christian Flisek nach Hauzenberg gekommen. Auch er hat gerechnet und zeigt sich überzeugt: "Keine Bange. Das klappt." Weil die CSU wesentlich mehr Direktmandate bekomme, als ihr von den Zweitstimmen her zustehen, werde es Überhangmandate geben. Beste Chancen für Schätzl. Aber bis das offiziell werde, könne es 4 Uhr früh werden, meint Flisek. Dann brandet Beifall auf im Saal. Schätzl ist eingetroffen, noch gezeichnet vom Nasen- und vom Jochbeinbruch, die er sich am Nachmittag in Haag beim Fußball zugezogen hat. Alles reichlich dokumentiert in den sozialen Netzwerken. Der Kandidat umarmt und herzt seine vielen Helfer, badet im Applaus aus dem vollen Saal – und sagt Danke, wie es auch immer ausgeht. "Es sieht gut aus", sagt der Kandidat. "Wir müssen warten." Kurz nach 22 Uhr ruft Landesvorsitzende Ronja Endres aus München an. Sie haben dort nachgerechnet. Sie sagt: "Ihr könnt feiern in Hauzenberg." Anruf kurz nach 22 Uhr: "Ihr könnt feiern" Damit ist das i-Tüpfelchen gesetzt auf das SPD-Fest: Wahlsieg in Berlin – und ein Hauzenberger zieht in den Bundestag. Schätzl spendiert eine Saalrunde und verbraucht damit schon mal einen Teil seiner künftigen Abgeordnetendiäten. Christian Flisek überreicht Blumen. An der hinteren Wand hängt schon seit einer Stunde das Banner. Jetzt stimmt es: "Berlin, Berlin. Wir fahren nach Berlin". Bürgermeisterin Gudrun Donaubauer schaut bei den "Roten" vorbei und gratuliert. Das sei keine parteipolitische Geschichte, sagt sie. "Ein Hauzenberger kommt in den Bundestag. Da freut man sich als Bürgermeisterin. Das ist eine Riesensache."− Landkreisseite
Martin Riedlaicher