Politiker machen Fehler – aber sie sind kein Freiwild

29. Februar 2024

Hauzenberger SPD fordert beim Heringsessen wieder mehr Anstand und Respekt – Breite Themenpalette

PNP 17.02.2024 von Helmut Preuß

Politiker machen Fehler – aber sie sind kein Freiwild

Für eine seriöse Politik ohne Verunglimpfungen plädierten SPD-MdB Johannes Schätzl (v.l.), Ortsverbandsvorsitzende Evi Oberneder, Stadtrat Johannes Seiser, Kreisrat Manfred Hoffmann und Stadtrat Anton Krinninger. Gemeinsam erinnerten sie an den 75. Geburtstag des Grundgesetzes im Mai dieses Jahres. Dies gelte es gegen die Feinde der Demokratie entschlossen zu verteidigen. − Foto: Preuß Von Helmut Preuß

Statt Psychoterror, Fäkalienstürmen im Netz, Morddrohungen und verbalem Radikalismus zurück zu Anstand und gegenseitigem Respekt, gerade für den politischen Gegner. Das haben die Redner beim Heringsessen der Hauzenberger SPD am Aschermittwoch im Berbinger „Waldhäusl“ gefordert. Kompromisse zu schmieden, sei und bleibe Wesenskern der Demokratie.

Eine breite politische Themenpalette griffen die Hauptredner auf – MdB Johannes Schätzl, die Kreisräte Evi Oberneder und Manfred Hoffmann sowie Stadtrat Anton Krinninger. Eine Kernforderung dabei war die entschiedene Abwehr aller Angriffe auf die Demokratie.

Lieber anpacken als alles schlechtreden

Kritik am politischen Gegner sei legitim, häufig werde daraus aber ein Angriff auf das parlamentarische System überhaupt. Diese Trennlinie nicht herauszustellen, sondern sie gerne manipulativ zu verwischen, das sei Kerngeschäft der AfD. „Der parlamentarische Arm der über 200 bekannten gewaltbereiten, rechtsextremistischen Organisationen in Deutschland, das ist die AfD“, sagte Evi Oberneder. Und: „Die Mehrheit der AfD-Bundestagsabgeordneten gehört nach wie vor zum ultrarechten Flügel“.

Dabei werde die politische Attacke auch seitens der souveränen Bürger nicht mehr „besonnen, vernünftig, würdig und weise geführt“, sondern „mit Psychoterror, Fäkalienstürmen im Netz, Morddrohungen und verbalem Radikalismus“. Evi Oberneder stellte klar: „Ja. Politiker machen Fehler und vergessen manchmal, von wem sie wofür gewählt wurden. Aber sie sind kein Freiwild“.

Häufig werde dabei mit Angst gearbeitet. „Ich frage mich aber: Wovor haben wir Angst?“, meinte Oberneder. „Vor Flächenbombardierungen, vor Hungersnöten oder der Ausrufung des Kalifats?“ Man lebe nicht in der Ukraine, nicht in Israel, nicht im Gazastreifen, sondern in einem der reichsten Länder weltweit.

Probleme wie der Klimawandel, Pflegenotstand, Fachkräftemangel oder die Kinder- und Altersarmut seien unübersehbar. Sie könnten aber gelöst werden, wenn die Menschen anpackten und sich engagierten statt dazusitzen und schlechtzureden. „Wir sollten für den Erhalt des Grundgesetzes kämpfen, das im Mai 75.Geburtstag feiert“, erinnerte sie an ein bevorstehendes Jubiläum.

Viel Aufmerksamkeit für „destruktive Krakeeler“

Den Populisten das Wasser abzugraben, das sei ein Kernauftrag der SPD, meinte auch Johannes Schätzl und nannte dann konkret Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. „Hubert Aiwanger ist für unsere Gesellschaft brandgefährlich geworden“, sagte Schätzl und warnte vor dessen Verunglimpfungen und Beleidigungen des politischen Gegners.

Aiwanger stelle sich als einzigen Politiker im Lande dar, der die Menschen noch verstehe, und kenne angeblich mehrere Bundestagsabgeordnete, die noch nie gearbeitet hätten. „Ich kenne kein Gesetz oder keine Überlegung, die von Hubert Aiwanger eingebracht worden wäre“, sagte Schätzl. Politische Auseinandersetzungen müssten stets auf Augenhöhe ablaufen, so wie er das bei einer Diskussion mit 300 Landwirten persönlich sehr positiv erlebte habe. Kollegen im Osten hingegen bräuchten bei öffentlichen politischen Auftritten teils bereits Personenschutz.

Kernziel jeder politischen Arbeit in der Demokratie sei nun einmal das Schmieden von Kompromissen. Und das sei bei drei Parteien, die teils grundverschiedene programmatische Ansätze hätten, eben sehr schwierig, verteidigte Schätzl die Ampelregierung. Mit Putins Überfall auf die Ukraine und der großen Abhängigkeit Deutschlands von billigem russischen Gas sei eine einmalige politische Herausforderung hinzugekommen.

„Wir haben es aber geschafft, in zwölf Monaten unabhängig von russischem Gas zu werden. Wir haben viele Gesetze im Sozialbereich auf den Weg gebracht und das Gesundheitssystem modernisiert“, zählte er positive Leistungen auf. Klar sei aber auch, dass seriös arbeitende Politiker in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen würden als destruktive Krakeeler.

Kreisrat Manfred Hoffmann ging in seinem kurzen Redebeitrag auf die fünfprozentige Erhöhung der Kreisumlage ein, die auf Druck der Kreistagsfraktionen aber bereits um zwei Prozent reduziert worden sei. Ursprünglich habe man sieben Prozent geplant.

Positiv sehe er die Neubesetzung im Granitzentrum, wenn er aus seiner Skepsis über die jetzige Betreiberlösung auch keinen Hehl machte: „Ich bin froh, dass wir jemand gefunden haben, der es kann“, sagte er.

Zur Situation der Landkreis-Krankenhäuser meinte Manfred Hoffmann, die Einrichtung in Wegscheid sei allzu lange vernachlässigt worden. Dann hätten die Leute „mit den Füßen“ abgestimmt, hätten sich nicht mehr einweisen lassen, meinte er. Ebenso wie Evi Oberneder wolle er aber jetzt für eine Notfallversorgung in Wegscheid kämpfen. „Die Menschen aus Sonnen, Breitenberg, Wegscheid oder Gottsdorf müssen bei lebensbedrohlichen Notfällen jetzt erst einmal 45 Minuten fahren“, sagte Evi Oberneder. Dabei brachte Johannes Schätzl einen Rettungshubschrauber ins Spiel. „Wenn wir die Situation in Passau retten wollen, dann brauchen wir einen eigenen Luftrettungsstandort“, sagte er.

Unzählige Regulierungen belasten die Landwirte

Stadtrat Anton Krinninger thematisierte die angespannte Situation bei den Landwirten, nannte unzählige Regulierungen und kaum mehr verständliche Anordnungen. „Da muss man schon Professor für Germanistik sein, um das noch zu verstehen.“ Auch die völlig übertriebene Dokumentationspflicht „von jedem Schritt und jedem Handgriff“ belaste die Bauern. Trotz der ständigen Bekräftigungen, hinter den Landwirten zu stehen, habe es die CSU-Regierung in Bayern geschafft, „dass es heute 90 Prozent der einstigen Landwirte gar nicht mehr gibt“, sagte Anton Krinninger.

In der anschließenden langen und intensiven Debatte wurde die Dominanz schlechter Nachrichten in den Medien beklagt. Auch das Problem, wahre von unwahren Behauptungen kaum mehr unterscheiden zu können, wurde genannt. Johannes Schätzl sagte dazu: „Russland bezahlt viele Menschen dafür, dass sie in Deutschland schlechte Stimmung machen.“ Es wurden die langwierigen Asylverfahren ebenso kritisiert wie die Zwei-Klassen-Medizin und die lückenhafte Verfügbarkeit lebenswichtiger Medikamente. Quelle PNP

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