Rente muss zum Leben reichen

22. Juli 2022

"Rente muss umlagefinanziert bleiben" SPD-MdB Bernd Rützel im Gasthof Falkner – Jugend soll sich frühzeitig mit Rente beschäftigen

Rente muss zum Leben reichen

Mit MdB Bernd Rützel (3.v.l.) hatten (v.l.) die frisch gebackene SPD-Kreisvorsitzende Evi Oberneder, MdB Johannes Schätzl – er begrüßte und moderierte die Diskussion – sowie MdL Christian Flisek einen einflussreichen Abgeordneten nach Hauzenberg geholt, "der eine entscheidende Stimme hat in Berlin bei der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik". −Foto: Preuß

Hauzenberg. "Gut leben im Alter." So lautete der Titel eines Vortrags mit Diskussion zum Thema Rente und Altersvorsorge im Gast Falkner. Mit MdB Bernd Rützel, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Bundestag, hatte die hiesige SPD-Führung um die Kreisvorsitzende Evi Oberneder, MdL Christian Flisek und MdB Johannes Schätzl einen Fachmann nach Hauzenberg geholt. Seine Hauptthesen: Umlagesystem beibehalten, das Rentenniveau von rund 48 auf möglichst 53 Prozent anheben. Minijobs abschaffen sowie Beamte und Selbstständige in die Rentenkasse einzahlen lassen. "Die Rente betrifft nicht nur Rentner, sondern jeden, von der Ausbildung weg." Bernd Rützel stellte klar, dass sich junge Menschen frühzeitig mit Rentenbezügen und Renteneintrittsalter auseinandersetzen sollten, nicht erst dann, wenn der Ruhestand kurz bervorstehe. Eigentlich müsse man das Thema schon in der Schule aufgreifen, um Altersarmut zu vermeiden. Leider erlebe man eher die gegenteilige Auffassung. "Rente kriege ich eh nicht mehr", meinten viele Schüler und Berufsanfänger oft in der Diskussion. Referent: "Minijobs abschaffen" Hintergrund dieser Befürchtungen ist ein drohendes, ständiges Absinken des Rentenniveaus von gegenwärtig rund 48 Prozent "vor Steuern" auf 40 Prozent oder darunter. Denn: "Vor 100 Jahren haben zwölf Arbeitnehmer einen Rentner finanziert, heute sind es nur noch zwei", erläuterte Rützel. Allerdings funktioniere diese Relation, weil Produktivität und Wertschöpfung ständig gestiegen seien. Dennoch verwies der Referent darauf, dass der Bund aus Steuermitteln in diesem Jahr 116 Milliarden Euro Zuschuss in die Rentenkasse einzahle, ein Beitrag, der seit Jahren stetig steige. Rützel rechtfertigte dies mit den vielen versicherungsfremden Leistungen, die jährlich aus dem Rententopf finanziert würden, etwa Witwen-, Waisen-, Mütter- oder Grundrente, "obwohl dafür nie ein Cent an Beiträgen geflossen ist". Und: Die Situation bessere sich ab 2040 deutlich, "weil dann der Pillenknick kommt", also die geburtenschwächeren Jahrgänge ins Rentenalter kämen. Bis dahin werde es allerdings "anspruchsvoll". Grundsätzlich sei es ein "großer Fehler der SPD gewesen, auf die Rente mit 67 aufgesprungen zu sein", meinte Rützel, weil das "nichts anderes war als eine Rentenkürzung". Dennoch könne man das Rad nicht mehr zurückdrehen. "Der Drops ist gelutscht". Denn letztlich sei die Umlagefinanzierung die Säule Nummer Eins des hiesigen Rentensystems, es gebe nichts Besseres. Kapitalgedeckten Ansätzen könne er nichts abgewinnen. Stattdessen zahlten Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Staat je zu einem Drittel in die Rentenkasse ein. Als sozialdemokratische Errungenschaften lobte Rützel besonders Grundrente, Erwerbsminderungsrente und Kurzarbeitergeld. Gerade letzteres, "das es sonst nirgendwo auf der Welt gibt", habe die Löhne stabil gehalten und die Renten mit gesichert. Nichts abgewinnen könne er hingegen den so genannten "Minijobs", obwohl die Mindestbezüge im Zuge der Mindestlohn-Erhöhung zum 1. Oktober des Jahres auf 520 Euro stiegen. "Wenn es nach mir ginge, würde ich sofort alle Minijobs abschaffen. Sie sind ein regelrechter Armutstreiber", sagte Rützel. Oberstes Ziel müssten immer sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse sein. Ein kurzes Schlaglicht auf Bayern warf MdL Christian Flisek. Er kritisierte ein fehlendes Tariftreuegesetz im Freistaat. Danach sollten öffentliche Aufträge nur noch an Firmen vergeben werden, die sich an tariflich festgeschriebene Löhne hielten. "In Bayern ist das offenbar nicht möglich", sagte er. CSU und Freie Wähler hätten den Antrag aber abgelehnt. Die Armutsschere klaffe auch deshalb immer weiter auseinander. In der sehr engagierten Diskussion wurde unter anderem die ungleiche Rentenhöhe bei Angestellten und Arbeitnehmern im Vergleich zu Beamten bemängelt. "Auch Beamte und Selbstständige sollten in die Rentenkasse einzahlen", hieß es, wie dies in Österreich gehandhabt werde. "Mittelfristig müssen wir da das System ändern", verlangte Bernd Riesinger. Auch gehöre die Beitragsobergrenze (Gegenwärtig liegt sie bei 6750 Euro in den westlichen Bundesländern, Anm.d.Red.) abgeschafft, sodass Wohlhabendere höhere Beiträge einzahlen müssten. Auch die Rentenbesteuerung gelte es zu überdenken, komme sie doch einer doppelten Besteuerung gleich. Bemängelt wurde auch, dass Rentner nicht in den Genuss der Energiepauschale über 300 Euro kämen. Rente sollte schon in der Schule ein Thema sein Rützel, der sich "perspektivisch eine Beteiligung von neuen, jungen Beamten an den Zahlungen in die Rentenkasse vorstellen kann", ging in seiner Antwort breit auf die steigenden Energiepreise und die Zuschüsse für Rentner ein. Er verwies auf die Rentenerhöhung zum 1. Juli, den Tankrabatt, das Neun-Euro-Ticket und die Sonderzahlungen für Hartz IV- und Grundsicherungsbezieher.− pr. Quelle:PNP 20.07.2022

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