SPD schickt Johannes Schätzl ins Rennen Mit 71 von 74 Stimmen
Sie gratulierten dem SPD-Direktkandidaten Johannes Schätzl (2.v.l.) aus dem Hauzenberger Ortsteil Haag: der Passauer Stadtverbandsvorsitzende und Oberbürgermeister Jürgen Dupper (v.l.), der Passauer Kreisvorsitzende Andreas Winterer (Vilshofen) und der Unterbezirksvorsitzende MdL Christian Flisek. −Fotos: Preuß
Die SPD geht bei der Bundestagswahl am 26. September mit einem politischen Newcomer ins Rennen um das Direktmandat im Wahlkreis Passau. Mit 71 von 74 Stimmen, das entspricht 96 Prozent, hat die Bundeswahlkreiskonferenz am Samstagvormittag in der Dreiländerhalle den jungen Hauzenberger Stadtrat Johannes Schätzl (27) zum SPD-Direktkandidaten gekürt.
Die Vorstellungsrede: Prägnant und knackig Es war eine exakt durchorganisierte Veranstaltung. Penibel eingehalten wurde das ausgegebene Hygienekonzept mit Maskenpflicht und Abständen, eigens kontrolliert die Einzelreihenfolge beim Gang zu den aufgestellten Wahlkabinen. Auch die Redebeiträge waren kurz. "Hausherr" Jürgen Dupper begrüßte knapp, der Unterbezirksvorsitzende Christian Flisek moderierte das Zwischendurch. Nur Schätzl selbst stellte sich ausführlicher vor. Aber auch er beschränkte sich auf die zehnminütige Kurzversion seiner Bewerbungsrede, will die Langversion über die Geschäftsstelle digital verteilen lassen. Und so war das ungewohnt analoge Polit-Meeting inklusive Wahl der drei Delegierten zur Landesvertreterversammlung sehr schnell wieder beendet. "Manche von ihnen haben sich vielleicht gefühlt wie bei einem Notartermin", meinte Christian Flisek schließlich nüchtern. Kurz und prägnant, vereinzelt gar "knackig" war die Vorstellungsrede von Johannes Schätzl, seit 2014 Hauzenberger Stadtrat, seit vier Jahren bei der ZF in Lohn und Brot und seit zwölf Jahren Mitglied bei der SPD. "Irgendwann wird die Pandemie enden. Und dann brauchen wir Ideen und Lösungsansätze, die unsere Spitzenposition in der Welt und Europa sichern", schaute er voraus und bewarb sich: "Mir macht Politik Spaß und ich kann mich dafür begeistern, Entwicklungen voranzutreiben und mitzugestalten. Ich habe die Leidenschaft, die ein solches Amt verlangt." Digitalisierung, Pflege und bezahlbarer Wohnraum Thematisch griff er drei Schwerpunkte heraus. Zum einen die Digitalisierung, in der er sich nach Bachelor und Master an der Uni Passau und jetzt als Informatiker bei der ZF auch beruflich zuhause sieht. "Die Digitalisierung trifft uns mit einer Wucht und Geschwindigkeit, die wir nicht gewöhnt sind", meinte er. Habe das Fernsehen 13 Jahre, das Radio gar 38 Jahre gebraucht, bis es 50 Millionen Nutzer verzeichnen konnte, so seien dies bei Facebook weniger als ein Jahr, bei WhatsApp sogar weniger als zwei Monate gewesen. Umso notwendiger sei die Steuerung dieses Prozesses, berge er doch Chancen und Risiken gleichermaßen. Und deshalb müssten alle Menschen eingebunden werden. "Die Digitalisierung ist ein sozialpolitisches Thema", sagte Schätzl unter Beifall. Bereits in der Schule brauche sie ihren Platz. Dabei bemängelte der SPD-Kandidat die vorherrschende Infrastruktur nachdrücklich: "Dass wir auf Kupfer setzen statt auf Glasfaser", obwohl das zuständige Bundesministerium vollmundig "Gigabit für Deutschland" verspreche. Mit Kupfer aber werde es kein Gigabit geben. Zum Zweiten nannte Schätzl die Pflege ein "zutiefst sozialdemokratisches Thema" mit dringend nötigem Handlungsbedarf, komme es dabei doch auf gelebte Menschlichkeit an. "Bei der Kranken- und Altenpflege steht der Mensch im Mittelpunkt, nicht der Aktionär", sagte er und forderte eine langfristige Strategie zum Aufbau von Pflegepersonal. Die finanzielle Aufwertung des Freiwilligen Sozialen Jahrs gehöre dazu, eine Übernahmegarantie für Azubis in Pflegeberufen, verlässliche Dienstpläne, geregelte Pausenzeiten und – "endlich" – eine nachhaltig geregelte, der Leistung angepasste Bezahlung. Außerdem brach Schätzl eine Lanze für bezahlbaren Wohnraum. Erfordere dies in den Städten eine Regulierung der Mieten, gehe es im ländlichen Bereich mehr um den Erwerb von Wohneigentum oder die Sanierung von Altbauten. "Ein Eigenheim ist ein wichtiger Teil der Altersvorsorge und eine sinnvolle Wertanlage", meinte er und forderte eine Reform des Baukindergeldes, das nur bei Neubauten, nicht aber bei flächensparenden Sanierungen fließe, das man außerdem nur dann erhalte, wenn zum Antragszeitpunkt bereits ein Kind geboren sei. Manche jedoch planten umgekehrt. Für die Kommunen vor Ort forderte Schätzl, Bauland oder Bauerwartungsland erwerben zu können. "Lasst uns die kommunale Planungshoheit wieder in den Mittelpunkt stellen und Bauen nicht zu einem Behördenlauf ausufern", meinte er. Bauland gehöre in die Hände der Kommunen, wenn es zum Verkauf stehe. Mit 71 von 74 Stimmen – drei Delegierte stimmten mit "Nein" – wurde Schätzl schließlich nominiert. Anschließend wählten die Delegierten Christian Flisek, Evi Oberneder und Irmgard Biereder zu Vertretern bei der Landesvertretersammlung, die im März die SPD-Landesliste aufstellt. Johannes Seiser, Eric Tilkowski und Katja Reitmaier sind die drei Ersatzvertreter. Quelle PNP: Helmut Preuß